Ich muss etwas ganz Wichtiges verpasst haben. Ich habe es nämlich zur rechten Zeit verpasst, meine eigenen Erfahrungen als Vater in irgend einer Zeitung zu thematisieren.
Dann hätten all die Nullchecker gesehen, dass die "echten Väter" schon längst da sind.
Nur Blinde können/konnten uns nicht sehen.
Ich war durch feministische Sachbearbeiterinnen des hessischen Bildungsministerums anfang der 80er Jahre gezwungen, ein zweites Studium aufzunehmen, da diese mein Abschluss als Physiker (Temeschburg) zunächst nicht anerkennen wollten. Die gleichen Sachbearbeiterinnen erkannten meiner Frau, die ein Jahr später kam, den gleiche Abschluss sofort an. Zwei Jahre nachdem ihr Abschluss anerkannt wurde, wurde auch meiner anerkannt. Da ich bereits mit dem zweiten Studium angefangen hatte, habe ich diesen zu Ende bringen wollen. Dadurch habe ich zwei Abschlüsse. Weil es feministische Sachbearbeiterinnen so wollten, dass sie einen bösen Patriarchen an den Herd binden wollten. Damals hatte ich dies nicht als feministische Diskriminierung erkannt. Alles sicherlich verjährt.
In dieser Zeit kamen auch meine Söhne zur Welt. Ich, der arme Student, sie, die Physikerin. Das ist vermutlich, was sich Feminist.I.nnen so unter einer gerechten Welt vorstellen: Diskriminierung!
In dieser Zeit kamen meine Söhne zur Welt. Die Erfahrungen des Herrn Scholz kann ich durchweg bestätigen. Kind betreuen, nebenbei studieren und Studentenjobs zur Aufbesserung der Haushaltskasse, also die berühmten Sorgen des Alltags, hatten mich davon abgehalten, meine Erfahrungen zu Papier zu bringen. So konnte die Welt vor dreißig Jahren nicht erfahren, dass es bereits "echte Väter" zu hauf gab. In Darmstadt, wo wir damals wohnten hatte ich keine weitere Väter gesehen, später haben mir andere Männer ähnliche Erfahrungen erzählt: Die Betreuung der Kinder durch Männer war nichts Aussergewöhnliches. Es scheint allerdings aussergewöhnlich zu sein, dies zuzugeben.
Dieses Schweigen über solche Erfahrungen ist verständlich, wenn man sich manche Kommentare unter den verlinkten Artikel liest. Dass ein Vater ebensoviel, ja sogar noch mehr Empathie seinem Kind vermitteln kann als die Mutter, scheint manchem Zeitgenossen nicht klar zu sein. Na ja, Blinde eben.
Es ist interessant festzustellen, dass hier ein SPD-Mitglied das Familienbild seiner Partei kritisiert und sie im Gesellschaftsbild des 18./19. Jahrhunderts verortet. Die konservativen Kommentatoren haben diesen Aspekt vollkommen überlesen.
Der wichtigste Satz im ganzen Artikel, meiner Meinung nach, ist folgender:
Je mehr wir die Kinderbetreuung auslagern, desto weniger wird von diesen Erfahrungen übrig bleiben.Kindererziehung kostet Zeit, eigene Zeit, die Zeit der leiblichen Eltern. Die Eltern müssen ausreichend Zeit für die Erziehung der Kinder haben. Eine Gesellschaft, die die Erziehung der Kinder outsourced (bevor irgendeiner hier der Meinung ist, ich und der Autor wären gegen Kitas, bitte nochmal den Artikel lesen), unterwirft sich den Anforderungen des Materiellen, der Betriebswirtschaftler, die Produktionen optimieren wollen.
Betriebswirtschaftler sehen Fertigprodukte wie Pizzas im Tiefkühlfach aus betriebswirtschaftlichen Aspekte als sinnvoll. Es spart dem Arbeitnehmer die Zeit der Herstellung, die dann dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird.
Die Fertigpizza ist gut für den Betriebswirtschafler. Sie schmeckt aber nicht so gut, wie die selbst gebackene.
Fremderzogene Kinder sind für Betriebswirtschaftler ebenfalls gut. Weil Kinder, deren Eltern keine Zeit für sie haben, weil beide 40h/Woche und mehr arbeiten müssen, weil es sonst nicht für das Leben reicht, dem Kitabetreiber 3200 EUR/Monat und Kind sichern.
Keiner scheint sich die Frage zu stellen, was mit diesen Kindern passiert, für die ihre Eltern keine Zeit haben können? Das ist doch die heranwachsende Generation.
Wäre es egentlich nicht betriebswirtschaftlich sinnvoller, statt 3200 EUR/Kind, den Eltern zu ermöglichen, die Arbeitszeit zu reduzieren?
Ich bin nicht für die Schliessung aller Kitas, aber für deutlich mehr Zeit für die Erziehung der Kinder durch ihre eigenen Eltern.
Viele werden da nicht ganz mitkommen, weil ihnen die Hintergrundinformation fehlt: Ich bin mir sicher, dass wir eine wesentlich zufriedenere Gesellschaft erreichen könnten, wenn wir das Familienrecht endlich so weit ändern würden, dass die Herdprämie "Unterhalt" vollständig abgeschafft wird und durch die Betreuung der Eltern ersetzt wird. Das wäre die sinnvolle Ergänzung der Vorstellungen des Herrn Scholz im verlinkten Artikel.
Dann hätten wir "Waffengleichheit" zwischen Mutter und Vater. Dann hätten wir viel mehr "echte Väter", weil diese sich - so wie vor 30 Jahren meine Wenigkeit und nun Herr Scholz - um ihre Kinder tatsächlich kümmern könnten. Und zwar in allen Lebensabschnitten der Kinder, nicht nur in der Windelwechselzeit.
Denn mit diesem Familienrecht werden wir, die "echten Väter", genau so aus dem Leben der Kinder entsorgt, wie die "unechten Väter".
Ich bin neugierig ob ich jemals die Mütterrente bekommen werde. Immerhin hatte ich während meiner zweiten (Zwangs-)Studienzeit meine Kinder betreut. Angesichts der immer schärfer werdenden Diskriminierung der Männer hierzulande, werde ich mir diese Rente wahrscheinlich abschminken müssen. Wetten?