Sonntag, 31. Mai 2015

Homo-Ehe?

Nun feiern sie den ersten Sieg der Homo-Ehe durch ein Volksentscheid. Diese Entscheidung des Souveräns ist sicher erstaunlich, wenn man bedenkt, dass im erzkatholischen Irland die Scheidung erst seit 1995 möglich ist. Ausserdem:
Erst vor 22 Jahren war Homosexualität keine Straftat mehr, die Abtreibung ist allerdings noch immer verboten. (Und gar fünfmal durch Volksabstimmungen abgelehnt.)
Da in Kroatien, ein anderes, katholisch geprägtes Land, ein Volksentscheid zur Homoehe diese ablehnte, war man geneigt zu glauben, dass dies auch in Irland passieren wird.

Um einigermaßen zu verstehen, wie das kam und ob dies auf die Gesellschaft hierzulande übertragbar ist, habe ich hier einige Informationen zusammengestellt. Danach kann ein jeder seine eigene Schlüsse ziehen.

Die Wahl in Zahlen

Es haben 1 949 725 aus 3 222 681 Wahlberechtigten gewählt, das war also eine 60,5% Wahlbeteiligung: Mehr als bei jedem bisherigen Volksentscheid, aber weniger als bei normalen Wahlen.

1 201 607 haben für die Homo-Ehe gestimmt, 734 300 waren dagegen. 13 818 Wahlzettel wurden als ungültig erklärt. Damit waren 61,63% der abgegebenen Stimmen für die Homo-Ehe.

Wenn man bedenkt, dass die Befürworter ihre Anhänger wesentlich stärker mobilisieren konnten als die Gegner (der Gesundheitsminister hatte sich im Januar als schwul geoutet, die katholische Kirche hatte jahrelang mit Missbrauchsvorwürfe zu kämpfen und enthielt sich bei der Diskussion um die Homoehe in Irland),  dann muss man davon ausgehen, dass die abgegebenen "Ja"-Stimmen das Maximum wäre, was die Befürworter heute erreichen könnten:
- Das wäre allerdings weniger als die Hälfte aller Wahlberechtigten.

Auswirkungen auf die deutsche Politik?

Nun sind die "Buchstaben-Menschen" (LGBTTI) vollkommen aus dem Häuschen und verlangen schnell nach einer Anerkennung der Homo-Ehe, auch in Deutschland.

Politiker überschlagen sich mit Vorschläge:
"Man sollte denken, was die katholischen Iren können, können wir auch", sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn (Quelle)
Die Grünen haben ihre eigene Probleme vergessen und freuen sich auf die neue Zukunft Europas:
Inzwischen "hat uns sogar Irland überholt" (Katrin Göring-Eckardt)

Fragen

Wenn uns Irland überholt hat, dann muss die Frage gestellt werden, worin? Vergleichen wir doch mal die zwei Länder.

Bevölkerung

In Irland haben wir die höchste Geburtenrate in der EU. In Deutschland die niedrigste in der EU und auch weltweit.

Der Vergleich der Gesamtfruchtbarkeitsrate per Frau lässt vermuten, dass die irische Gesellschaft der Familie und den daraus resultierenden Kindern mehr Bedeutung zumisst (noch), als dies in Deutschland der Fall ist (Quelle: Eurostat):
 

2000 2005 2010 2012 2013
Irland 1,89 1,86 2,05 2,01 1,96
Deutschland 1,38 1,34 1,39 1,38 1,4

Die Zahl der Eheschliessungen pro 1000 Einwohner/Jahr

2001200520102011
Irland55,14,64,3
Deutschland4,74,74,74,8
rauscht in Irland erst in den letzten Jahren in den Keller.

Die Zahl der Scheidungen pro 1000 Einwohner/Jahr

2002200520102011
Deutschland2,52,42,32,2
Irland0,70,80,70,6
ist in Irland traditionell sehr niedrig.

Bemerkung: Die Eurostat-Links funktionieren leider nicht immer.

Beschäftigung

Bei den "Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Beschäftigung" (einfach auf http://ec.europa.eu/eurostat/ gehen und dann den in Hochkommatas stehenden Text in der Suche kopieren) stellen wir fest, dass die Quote der weiblichen Beschäftigten in Irland erst in den letzten Jahren den Wert in DE erreicht hat, was soviel bedeutet, dass immer mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt drängen:


2000200520102012
Irland20,48,98,710,6
Deutschland12,510,510,59,6

Das deutet auf massive soziale Umwälzungen in Irland hin, in den letzten 10 Jahren!

Der  "BIP zu jeweiligen Preisen, je Einwohner" beläuft sich auf
Irland.........................Deutschland
53 462 USD ..............47 590 USD
ist also vergleichbar.

Bevölkerung unter 15 Jahren, % der Gesamtbevölkerung
Irland.........................Deutschland
21,6 % ......................13,1%

Bevölkerung ab 65 Jahren, % der Gesamtbevölkerung
Irland.........................Deutschland
12,1 % ......................21,1%

Von der Bevölkerungsstruktur her, sind die zwei Länder nicht vergleichbar.

Wer weiter schmökern möchte kann das hier oder hier tun.

Familienrecht

Die Rolle des Vaters war in Irland schon immer viel stärker abgesichert als es in Deutschland der Fall ist.

Der Vater hat die Möglichkeit, mit Billigung oder gegen den Willen der Mutter ein (Mit-)Sorgerecht vor Gericht zu erstreiten. So z. B. in:
... Irland (Sec. 6A Abs. 1, Sec. 9 Guardianship of Infants Act 1964).
(Quelle: „Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ Dr. Karin Jurczyk & Prof. Dr. Sabine Walper, 2010)

Eine juristische Datenbank weiss sogar Folgendes zu berichten:
4. if the parents divorce or split up, how is the question of parental responsibility determined for the future?

Yes to both - Going to Court , the Judge can make a Custody Order or joint Custody Order and Access Orders or rarely by Court application by State Authorities where parents or Guardians are unable or unwilling to perform their duties.
Beim Europäischen  Menschenrechtsgerichtshof ist die Zahl der Verfahren bezogen auf Artikel 8, Schutz der Familie folgenderweise verteilt
Irland.........................Deutschland
5 ...............................29

bei einer Bevölkerungszahl von knapp 6% der deutschen Bevölkerung und ähnlich hohen Kosten eines Familienverfahrens.

Fazit

Familie und Ehe scheinen in Irland einen vollkommen anderen Stellenwert zu haben, als hierzulande: Der Vater scheint dort eine bessere gesellschaftliche Position zu haben als hierzulande. Kinder zu haben und die Familie nach ihnen zu richten scheint in Irland ebenfalls (noch) gesellschaftlicher Konsens zu sein.

Da die Zahl der Eheschliessungen zurückgeht, scheint allerdings die Moderne auch in Irland einzuziehen.

Dann kommt noch der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche hinzu, der vermutlich viele Konservative von der Wahlurne fern gehalten hat oder andere dazu bewogen hat, als Protest für die Homo-Ehe zu wählen.

Ferner kommt noch die Tatsache, dass in Irland ein Referendum in solchen Fragen möglich ist, während in Deutschland die Lobbyisten entscheiden.

Da habe ich so meine Zweifel, dass in Deutschland eine Mehrheit für die Homo-Ehe zustande kommen würde, sollte ein Referendum stattfinden.

Was mich aber am meisten wundert: Die Befürworter reden davon, dass es ihnen darum geht, dass Menschen die sich lieben, füreinander sorgen können sollen.

Als Betroffener könnte man Otto verstehen, dass er sich auch dafür stark macht, da er ja mit der Ehe offensichtlich so seine Erfahrungen hat. Könnte glatt als Schadenfreude durchgehen.

Es gibt Stimmen, die darauf hinweisen, dass die klassische Ehe und Familie vernachlässigt wird.

Es gibt Stimmen, die darauf hinweisen, dass die Definition dessen, was wir als Familie und Ehe als Gesellschaft - nicht als Lobby-Organisation - haben wollen, zur Diskussion gestellt werden soll.

Wenn ich allerdings lese, dass andere Aktivisten die Abschaffung der Ehe wünschen, weil sie zu spießig wäre und der irische
Gleichheitsminister Aodhan O'Riordain feierte den Sieg mit einem Tweet: "Ireland hasn't just said "Yes"... Ireland has said: "F??CK YEAAHHHH"
frage ich mich, warum nach der Homo-Ehe gerufen wird?

Ehe und Liebe besteht nicht nur aus "F??CK YEAAHHHH"!

Für Letzteres brauche ich nicht die Ehe, die dann sowieso zu spiessig wäre. Ausserdem, wenn die Lustschreie aufhören, was kommt dann?

Die Erkenntnis, dass die EHE = Errare Humanum Est? Wenn diese Erkenntnis kommt, wird dann auch die Forderung kommen, die Homo-Ehe wieder abzuschaffen?