Samstag, 16. August 2014

„Väter reimte sich über Nacht auf Täter“

In seiner Analyse zum Fall Edathy, hat Markus Reiem die Zustände im Familienrecht ab 1990 sehr zutreffend beschrieben:
Gleichzeitig begann nun allerdings in konträrer Richtung in den frühen 1990er-Jahren eine an Hysterie grenzende Skandalisierung der Pädosexualität, und zwar von den gleichen grün-alternativen politischen Akteuren betrieben. Das politische Interesse dahinter war schnell auszumachen: (1) Die Gleichberechtigung der Frauen in der Arbeitswelt sollte nicht mit (2) einer Gleichberechtigung der Männer in Familiendingen korrelieren, vielmehr sollten (3) alte Rollenmuster insbesondere im Trennungs- und Scheidungsfall zementiert werden; Kinder gehörten (zu) der Mutter, (4) „Väter“ reimte sich über Nacht auf einmal auf „Täter“. ... auch heute noch werden Väter in Familiendingen juristisch meist als (5) „störende Altlasten“ behandelt und das Sorgerecht geht zu 96 Prozent an die Mutter, von Gleichberechtigung also keine Spur. Die Herkunft dieser neuen politisch einflussreichen Schicht aus dem akademischen Milieu aber erleichterte die „wissenschaftliche“ Absicherung der abstrusen Thesen vom massenhaften Missbrauch von Mädchen durch ihre Väter, Onkels etc.
Die politischen Akteur.I.nnen die sich für die Gleichberechtigung der Frauen einsetzten haben also das Kunststück geschafft, diese nur in der Arbeitswelt zu realisieren (1) und die Gleichberechtigung in der Familie (2) aussen vor zu halten. Die Beibehaltung alter Rollenmuster (3), über die man  erstaunlicherweise in den gleichen Kreisen jammert, die sich mit Hände und Füßen gegen eine Gleichberechtigung in Familiensachen wehrt (2), behalten diese Rollenmuster über die Manipulation mit der Angst (4).

Die mittelalterliche Hexenverfolgung hat sozusagen eine "Renaissance" erlebt.

Dabei fällt mir auf, dass die meisten Kommentatoren dieser Zustände es vermeiden darüber zu reden, wohin die Reise geht. Keiner stellt die Frage: Wem nutzt es?

Bereits 1990 hatte Gerburg Treusch-Dieter - er hatte also die Zeit beschrieben, die vor dem, von Reiem ausgemachten Jahrzehnt der feministischen Kulturrevolution lag - die Gefahren des Missbrauchsdiskurses geschildert. Irene Berkel zitiert ihn in "Mißbrauch als Phantasma", Seite 22, mit:
"(er) skizziert die Entwicklung der Frauenbewegung unter dem Aspekt des Täter-Opfer-Schemas, das ihr von Beginn an immanent war, und sieht eine Radikalisierung desselben im Zusammenhang mit der geschichtlichen Verabsolutierung der Frau - >>Feminismus ist die Theorie, Lesbischsein die Praxis<<. Die Folge ist die Verabsolutierung des Täters, der - unterstützt durch Dworkins Antipornokampagne - als Vernichter der Frau in den Blick gerät. Unter solchen Vorzeichen avanciert die Frauenbewegung zum Kulturerneuerungs- und Kulturreinigungsunternehmen." (Gerburg Treusch-Dieter. "Von der sexuellen Revolution zur Gen- und Reproduktionstechnologie", 1990)
Es ist schade, dass die "pädagogische Klasse" wie sei bei Reiem genannt wird, "Soziologenkaste" oder wie auch immer die Verantwortlichen zu bezeichnen wären, die Zielrichtung nicht erkennen oder nicht erkennen wollen:
Es geht doch letztendlich darum, das Bild der Familie im Sinne des Feminismus zu ändern, was - wie Gerburg es ausdrückt - auf die Praxis des lesbischen Familienbildes hinausläuft.
Darin gehört das Kind zur Mutter (3) und der Vater ist lediglich der Versorger, der seine Werte überweisen, nicht vermitteln soll.

Damit die „störende Altlast“ (5) auch wirksam ferngehalten wird, haben die feministischen Jurist.I.nnen die "erhöhte Erwerbsobliegenheit" erfunden, das ist die feministische Variante der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für den Vater:
"Arbeit macht den Vater frei von seinen Kindern!"
Dieser Aspekt, der schleichenden Änderung des Familienbildes in Justiz und Politik und deren Verursacher.I.nnen, geht immer wieder vollkommen unter.

Die Leidtragenden dieser Änderung des Familienbildes sind letztendlich die Kinder, die auf dem Altar der "Selbstverwirklichung" und der "sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung" zum Scheidungswaisen gemacht werden. Ca. 400 Kinder/Tag, also ca. 146.000 Kinder/Jahr sind Thema von Familienverfahren.

Ich weiss nicht, ob dieser "pädagogischen Klasse" und vor allem ihrer juristischen Helfershelfer, die Schuld bewusst ist, die sie auf sich geladen haben, durch das unreflektierte Predigen der "Selbstverwirklichung", der "sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung". Im Zuge der Durchsetzung der Forderungen der "Frauenbewegung" kam es zur Änderung des Scheidungsrechts.

Das Zerrüttungsprinzip wurde eingeführt, was letztendlich zur Abschaffung des Prinzips der Verantwortung der Eltern gegenüber ihrer Kinder führte. Die Kinder lernen, dass es nicht wichtig ist, die Familie zusammenzuhalten, sondern die eigenen Egoismen auszuleben. Sie lernen, dass der Vater das schwächste Glied in der Familie ist und jederzeit austauschbar ist.

Der Zeitgeist lehrt, dass die Bindung nicht wichtig sei, sondern die (zeitlich begrenzte, ohne Verpflichtung) Beziehung.

Familien, die auf Beziehungen aufbauen sind schwächer als diejenigen, die auf Bindungen aufbauen.

Sie sind dann eine leichte Beute für das Beratungs- und Betreuungskomplex.

Da immer mehr Familien auf Beziehungen aufbauen, wird auch die Gesellschaft insgesamt geschwächt. Die Leistungen, die früher Familienmitglieder erbrachten (z. B. Betreuung der Alten), sollen nun durch "professionelle" Dienstleister ersetzt werden. Gegen Bares, versteht sich von selbst. Zuwendung ist nicht im Preis enthalten, die Dienstleister haben ein eng gepacktes Tagespensum.

Der Zusammenhalt und die Zuwendung der Menschen untereinander wird systematisch zerstört. Eine solche Gesellschaft, kann noch so viel Geld haben, sie bleibt arm. Arm an Zuwendung, arm an Zusammenhalt, arm an menschliche Wärme.

Nicht zuletzt, weil mann dem Vater keine Wertschätzung mehr entgegenbringt.