Montag, 20. Oktober 2014

Männliche Solidarität?

Habe ein interessantes Zeitdokument ausgegraben: Die Tagungsdokumentation der "Männerpolitik"-Konferenz vom 22/23.10.2012 in Berlin. (Die Dokumentation wurde erst im Juli 2013 veröffentlicht, laut Datei-Info). Auf S. 60 wird MANNDAT und Agens erwähnt und auf S. 69 werden Väterrechtsorganisationen ins "rechte" Licht gerückt.

Der einzige, gesellschaftskritische Beitrag auf dieser Konferenz, steht auf Seite 147 und war eine Frage an die Teilnehmer der Podiumsdiskussion u. zw. an Martin Rosowski, Markus Theunert, Brigitte Hornyik und Rosmarie Zapf-Helbling:
"... In der Geschlechterdiskussion wird die Rolle des Vaters relativ stiefmütterlich behandelt. Gespräche über Väterorganisationen landen meistens in der Unterstellung, sie seien rechts oder sonst wie auf Konfrontationskurs. Nun ist es ja so, dass wir eine Entscheidung aus Straßburg (Sitz des Europäischen Menschengerichtshofs, Anm. d. Red.) bekommen haben, die eindeutig belegt, dass Väter nicht ehelicher Kinder diskriminiert werden. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Väter nicht ehelicher Kinder werden DISKRIMINIERT in einem Land, das sich Antidiskriminierung auf die Fahne geschrieben hat. Nun wird das Gesetz geändert, aber erneut so, dass der Vater einen Antrag auf gemeinsames Sorgerecht stellen muss. Er muss beantragen, sein natürliches Recht als Vater wahrnehmen zu „dürfen“.
Es gibt dann sicherlich auch weitere Problemfälle, wie beispielsweise beim Unterhalt. Ich erinnere an die Diskussion um das Betreuungsgeld. Jeder, der sich in der politischen Diskussion eingemischt hat, hat von einer Herdprämie gesprochen. Aber keiner hat daran gedacht, dass Unterhalt ebenfalls eine Herdprämie ist. Und dementsprechend muss man sich schon mal fragen, ob da nicht eine grundsätzliche Diskussion fehlt. Das wäre die Frage an die deutschen Teilnehmer, die diese Diskussion, diesen Dialog zwischen den Geschlechtern endlich mal vorantreiben sollten. Denn was man bemängelt – dass die Väter aus den Väterorganisationen so voller Wut sind – ist dem einfachen Umstand geschuldet, dass ihnen ihre Rechte genommen werden. Sie haben schlicht und ergreifend keine Möglichkeit, ihre Kinder zu sehen. Sie werden ausgegrenzt. Ihr Beitrag für die Familie wird auf ihre Banküberweisungen reduziert."
Nach Rosowski und Theunert hatte sich auch die Brigitte gemeldet und - typisch für Feminist.I.nnen - auf den sich meldenden Vater eingedroschen:
"Ich sehe die Sorgerechtsdebatte, die ja auch in Österreich bereits seit etwa 1999 geführt wird, als eine sehr heikle Debatte, in der stark polarisiert wird. Auch die Diktion dieser Wortmeldung hat auf mich eher eskalierend und polarisierend gewirkt als dialogbereit. In den österreichischen Medien wird zur Untermauerung der Position der Väter immer eine krasse Fallgeschichte von Vätern präsentiert, denen die Mütter die Kinder weggenommen haben und jeden Kontakt verhindern. Was in den Medien wesentlich weniger vorkommt, ist die finanziell und gesellschaftlich schwierige Situation sehr, sehr vieler Frauen – und es ist nun mal die Realität, dass nach der Trennung in der überwiegenden Anzahl der Fälle die Kinder im Haushalt der Mutter betreut werden. ...... Eine gemeinsame Obsorge kann ich mir schwer vorstellen, wenn Mutter und Vater überhaupt nicht mehr miteinander können. Da kann ich mir auch schwer vorstellen, dass das im Sinne des Kindeswohls ist."
Ist ja klar, ne? Wenn Unterhalt in Gefahr ist, mit Herdprämie gleichgesetzt wird, dann muss die Keule des Jammerns über die wirtschaftlichen Nöte der Frauen kommen. Das garnieren wir noch mit der Aggressivität der Männer- und Väterrechtler (von denen ich niemals hörte, dass sie so aggressiv auftreten, wie Feminist.I.nnen, siehe "historischer Tomatenwurf" oder hier).

Diese Art der Wortmeldung gefiel selbst einem Herr Rosowski nicht, der sich daraufhin berufen fühlte, noch einmal das Wort zu ergreifen:
"Ich möchte zur Frage von Polarisierung und Betroffenheit etwas sagen. Politik lebt auch davon, dass Menschen aus ihrer Betroffenheit heraus Veränderungen anstreben. Ansonsten würde Politik zu einer theoretischen Systematik verkommen, die wir nicht wollen können. Ich finde es deshalb nicht richtig, diese Betroffenheit zu bagatellisieren. Und ich finde, das war gerade ein wunderbares Beispiel dafür, wie Diskurs eben nicht gelingen kann. Da steht einer auf und formuliert seine Betroffenheit als Vater. Er hat diese Erfahrungen gemacht und es wird ihm begegnet mittels einer Bagatellisierung: „Ihr skandalisiert doch bloß Einzelfälle.“ Das nimmt dem Menschen, der diese Geschichte am eigenen Leib erlebt hat, seine Erfahrungskompetenz. Und das finde ich nicht richtig. So kann Diskurs nicht gehen."
Das ist sicherlich ein schönes Beispiel männlicher Solidarität, möchte mann meinen.

Hier maßregelt ein Mann der auf dem Podium sitzt, eine ebenfalls auf dem Podium sitzende feministische "Spalterin" der Gesellschaft und hilft dem Redner aus dem Publikum, der nichts mehr zum feministischen Anwurf sagen darf, da er das Mikrophon nicht mehr hat.

Es machte sich auch gut, kurz vor Ende der Podiumsdiskussion, da er diesen Beitrag loswerden konnte, ohne Gefahr zu laufen, sich weiter positionieren zu müssen.

Mann sollte allerdings nicht vergessen, was Herr Rosowski in seinem Vortrag auf Seite 60 gesagt hatte:
"Es bedarf keiner längeren Erörterung, um festzustellen, dass unter der immer noch bestehenden realen Ungleichheit der Lebensbedingungen in Europa besonders Frauen zu leiden haben. Deshalb werden sie voraussichtlich aus allen Bemühungen um die Gleichstellung der Geschlechter in der Regel einen größeren Gewinn ziehen können als wir Männer. Das sollte uns Männer allerdings nicht dazu verführen, uns in der Geschlechterdebatte weiterhin abstinent zu verhalten – oder gar wie unsere Kollegen der maskulistischen Szene Gender-Mainstreaming, Gleichstellungspolitik und das Prinzip der Geschlechtergerechtigkeit als Erfindungen des Feminismus zu brandmarken."
Mir ist neu, dass Geschlechtergerechtigkeit eine Erfindung des Feminismus wäre. Soweit ich mich entsinne, waren es Männer, die das in die Wege geleitet haben. Es ist schön, dass auch Frauen das so sehen: siehe Min 42:40.

Aber vermutlich verdanken wir diese Sicht der Dinge - Maskulisten böse und speziell die Vereine MANNDAT und Agens - den Organisationen, die sich um die Koordination des Kampfes für Frauen- und Einschränkung der Männerrechte kümmern, siehe deren "Handlungsempfehlung der BAG zum Umgang mit neokonservativen und antifeministischen Männerorganisationen"
Die BAG*-Sprecherinnen haben sich mit den LAG-Sprecherinnen der Bundesländer zum Umgang mit neokonservativen und antifeministischen Männerorganisationen** verständigt, folgende Handlungsempfehlung auszusprechen:
- Anfragen zur Rechenschaftslegung sollten zunächst im Haus juristisch geprüft werden. - Bei direkten Anfragen an Hauptverwaltungsbeamte und –beamtinnen sollten diese über den neokonservativen Hintergrund der Männerorganisation aufgeklärt werden.

- Es ist in der Regel sinnlos, sich auf inhaltliche Auseinandersetzungen oder Rechtfertigungen mit verifizierbaren antifeministischen Männerorganisationen einzulassen.
- Es sollte ein Austausch über diese Anfragen in der jeweiligen LAG erfolgen.

Während der nächsten Bundeskonferenz besteht die Möglichkeit, sich in einem Workshop mit dem Thema zu beschäftigen. Als Hintergrundinformation und Diskussionshilfe dienen die beiden Broschüren der Friedrich-Ebert-Stiftung: WISO Diskurs: „Geschlechterkampf von rechts“*** und „Gleichstellungspolitik kontrovers: Eine Argumentationshilfe“****.


* BAG: Bundesarbeitsgmeinschaft kommunaler Frauenbüros
**
MANNDAT und Agens*** Autor: Thomas Gesterkamp, FES-"Expertise"
**** von der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht
Diese Damen begegnen männlichen Interessenvertretungen nicht mit "Bagatellisierung", sondern mit Unsichtbarmachung der Männer und ihren Problemen.

Sie üben dadurch Macht und somit strukturelle Gewalt gegen die Männer aus, die ihnen ihre Rechte überhaupt ermöglicht haben.

Denn die meisten durch das Familienunrecht betroffene Männer gehören den sozialen Schichten, die Frauen früher als ihre Partnerinnen gesehen hatten und ihnen die politische Macht überhaupt möglich machten. (siehe ab Min 42:40) Diese Männer müssen heute verdutzt feststellen, dass sie und ihr Leid in dieser Gesellschaft, durch Frauen unsichtbar gemacht werden: Frauen, die ausreichend Macht bekommen haben, um Hauptverwaltungsbeamten vorzuschreiben, wem sie antworten dürfen.

Wie diese Damen vorgehen, kann mann anhand des eben beschriebenen Machtspiels erkennen:
- Ein Betroffener artikuliert seine Betroffenheit.
- Die Feminist.I.n kritisiert diese Wortmeldung als aggressiv, frauenfeindlich, eskalierend, polarisierend, tradiert patriarchalisch... hier weitere abwertende Charakterisierungen einfügen!
- Wendet mann sich an die Politik, Medien oder Hilfsorganisationen, stehen die Feminist.I.nenn Gewehr bei Fuß, um mit solchen "Handlungsempfehlungen" die "Errungenschaften" der einzig wahren Ideologie, dem Feminismus, vor allzu neugierigen Augen zu schützen.
- Ein Dialog kommt so niemals zustande, Männern wird nicht geholfen, einzig die Diskurshoheit der Feminist.I.nnen wird festgeschrieben

Mann sollte - gerade solche Männer wie Rosowski - nicht vergessen, dass diese Frauen und deren Machtposition ein Ergebnis männlichen Schweigens ist.

Würden Frau Hornyik oder die BAG zu jeder sich bietender Gelegenheit Kontra bekommen, könnte ich mir vorstellen, dass langsam ein Umdenken in der Gesellschaft und Politik einsetzen wird.

Wenn aber ein Herr Rosowski selbst enttäuscht festsstellen muss:
Da steht einer auf und formuliert seine Betroffenheit als Vater. 
dann wird es noch lange dauern, bis die Betroffenheit der vielen Einzelnen zu gesellschaftlichen Änderungen führen wird.

Ja, nur einer hatte seine Betroffenheit als Vater bei der Podiumsdiskussion formuliert. Das war ich. Nur weil ich alleine da war? Oder weil die anderen, die da waren, sich alleine gelassen fühlten?

Einzelne Wortmeldungen sind eindeutig zu wenig. Schöner wäre es, wenn alle Wortmeldungen die gleiche Sprache der Betroffenheit sprechen würden.


Zwei Jahre später, bei der gleichen Konferenz in Wien, waren es zwei Wortmeldungen, während der Pressekonferenz, die eine von Gerd und die andere von mir. Das ist eine Steigerung von 100%.

Es wurden auch Pressemitteilungen von nicht eingeladenen Männer- und Väterrechtsorganisationen verteilt.

Es thematisieren nun auch Männer in den Medien die Diskriminierung der Männer.

Vielleicht erlebe ich es noch, dass solche Personen, die vorgeben, sich für Männer einzusetzen, nicht mehr aus Steuergelder finanziert werden, siehe Seite 135:
von Bargen: „Die Selbststilisierung als Opfer, die derzeit vor allem im männerrechtlerischen/ maskulistischen und antifeministischen Milieu geschieht, lehne ich auch als unpolitisch und heuchlerisch ab. Gleichwohl halte ich es für richtig, dass traditionelle Männlichkeitsbilder, bei denen beispielsweise Mann-Sein und Opfer-Sein nicht zusammenpassen, überwunden werden. ...