Dienstag, 1. April 2014

Gender(un)wissenschaftlichkeit?

Nanu?!

Das Gunda-Werner Institut der Heinrich-Böll-Stiftung hat ein Band herausgebracht: "Gender, Wissenschaftlichkeit und Ideologie", Untertitel "Argumente im Streit um Geschlechterverhältnisse" von Regina Frey, Marc Gärtner, Manfred Köhnen und Sebastian Scheele.

Im Vorwort wird gejammert, dass "Menschen, die mit dem Begriff «Gender» arbeiten, werden zunehmend mit dem Vorwurf einer prinzipiellen Unwissenschaftlichkeit konfrontiert. Den Gender Studies wird der Status einer Wissenschaft abgesprochen, Gender sei per se kein wissenschaftliches Konzept, sondern eine Ideologie."

Es wird der unhaltbare Zustand beklagt, dass trotz Gender Mainstreaming, der Mainstream noch nicht gemainstreamt (also gleichgeschaltet) ist: "In den Mainstream-Medien wie FAZ, Focus oder Spiegel wird Personen Raum gegeben, diesen Generalverdacht zu verbreiten und den Gender-Diskurs allgemein und die Gender Studies bzw. Gender Mainstreaming im Allgemeinen scharf zu kritisieren."

Liebe Mainstream-Medien, wie könnt Ihr denn so was machen, wenn das GWI sagt, dass es sich nicht schickt so etwas zu machen?


Auch wir, die bösen Internetten bekommen unser Fett weg: "Insbesondere im Internet erfolgt auf diese Weise und fortgesetzt die permanente Diskreditierung eines emanzipativen Gender-Diskurses bzw. (pro)feministischer Arbeit."

Die, von GWI beanspruchte, führende Rolle in der "Gender-Wissenschaft" wird nochmals unterstrichen:

"Wir haben uns daher entschlossen, den Streit um Gender, Wissenschaftlichkeit und Ideologie und insbesondere den Unwissenschaftlichkeits- und Ideologie-Vorwurf einer genaueren Untersuchung zu unterziehen und Argumentationshilfen im Umgang damit zur Verfügung zu stellen."

Nochmals: Das GWI stellt "Argumentationshilfen zur Verfügung"!

Wem stellt das GWI so etwas zur Verfügung?

Bei der HU findet man eine Liste der "Koordinationsstellen, die Frauen- und Geschlechterforschung an deutschsprachigen Hochschulen koordinieren. Einige wenige Einrichtungen haben überwiegend Forschungsaufgaben."

Die meisten haben also überwiegend forschungsfremde Aufgaben. Sie geben also selbst zu, dass Wissenschaft nicht ihre Aufgabe ist?

Es werden 37 Koordinationsstellen in DE angegeben. Der letzte Link führt uns zur "Konferenz der Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum", als "Dachverband für alle Einrichtungen der Frauen- und Geschlechterforschung". Dort werden für DE ca. 47 beteiligte Einrichtungen angegeben.

In DACH (DE, Österreich, CH) existieren also mehr als 40 Einrichtungen, die "Frauen- und Geschlechterforschung an ihren Hochschulen sichtbar etablieren" wollen.

Forschung impliziert Wissenschaft! Obwohl "wenige überwiegend Forschungsaufgaben haben"?

In DE alleine haben wir über 190 Professuren und Juniorprofessuren. Die sind zur "langfristigen Sicherung von Lehr- und Forschungsschwerpunkten" da.

Diese Professuren und Juniorprofessuren finden wir also an Koordinationsstellen, die überwiegend forschungsfremde Aufgaben haben? Eine Liste aller Voll- und Teildenominationen findet sich hier.

Jetzt lasst mich mal raten?

All diese Professoren und Juniorprofessoren brauchen vom Gunda Werner Institut "Argumentationshilfen" im Umgang mit dem "Unwissenschaftlichkeitsvorwurf"? Die 190 Professoren, die zur Sicherung von Forschungsschwerpunkten da sind, brauchen Hilfe? Argumentationshilfe um ihre eigene "Wissenschaftlichkeit" zu verteidigen?

Die Logik mag sich mit einem weiblichen Artikel schmücken, scheint aber nicht genderkonform zu sein.

Wenn man so etwas liest, fragt man sich, wer sich hinter diesen Professuren verbergen, oder welchen Forschungs- und Lehrinhalt ihre Tätigkeit aufweisen?

Frei verfügbare Publikationen habe ich auf die Schnelle nicht finden können, obwohl viele Konferenzen stattgefunden haben. Zur Forschung und Lehre anbei nur zwei Beispiele.

Forschung: Die ZGS an der Uni Bremen gibt vor, die "disziplinübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung von Natur-/Technikwissenschaften und Kultur-/Gesellschaftswissenschaften" anhand von "schwarzer Damenbekleidung" erforschen zu wollen. Ja, der Einfluss des kleinen schwarzen Teils auf die Vernetzung hat mich schon immer interessiert.

Lehre: "Im Seminar beschäftigen wir uns mit der Frage, wie sich die hohe Aufmerksamkeit und das Intresse an diesen Sendungen (Castingshows) erklären lässt, und welche Genderkonstrukte mit diesen Sendungen verbreitet werden." Finde schade, dass nicht vermittelt wird, wie mann mit solchen Sendeformate eine "Dekonstruktion" erreichen könnte.

Langsam beginne ich zu verstehen, warum die eine Anleitung von GWI brauchen.

Wer so intensiv mit Genderforschung beschäftigt ist, hat keine Zeit für Argumente. Die Erstellung von Argumentationshilfen muss outgesourced werden, u. zw. an einer zentralen Koordinationsstelle: GWI. Jetzt haben wir es verstanden.